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Wechselvolle Geschichte: Neubeginn nach schwerer Zeit

In seiner Kolumne im "Erft Kurier" blickt Hermann Gröhe auf 1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland und im Rhein-Kreis Neuss.

Liebe Leserinnen,

liebe Leser,

aus dem Jahr 321 stammt ein Erlass des römischen Kaisers Konstantin. Er legte fest, dass Juden in der Stadtverwaltung von Köln Ämter bekleiden dürfen und sollen. Seit mindestens 1.700 Jahren gibt es also jüdisches Leben auf dem Gebiet des heutigen Deutschland – und das ist ein großer Grund zur Freude!

Rund 1.000 Veranstaltungen finden in diesem ganz besonderen Gedenkjahr statt und machen auf die Spuren und die Vielfalt des jüdischen Lebens in Deutschland aufmerksam. Sie erinnern an jüdische Forscher und Künstlerinnen, an Ärzte, Musikerinnen und Dichter. Sie erinnern daran, dass Juden an Fürstenhöfen wirkten und für Deutschland im Krieg kämpften, immer wieder aber auch Zeiten der Diskriminierung und Verfolgung erlitten. Und selbstverständlich an das Menschheitsverbrechen der Ermordung von rund sechs Millionen Jüdinnen und Juden durch die Nationalsozialisten. Die Federführung übernimmt der Verein „321 – 2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“, in dessen Kuratorium unter Vorsitz unseres früheren Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers ich mitwirke.

Neben dem vielfältigen Programm ist das Jubiläum auch eine gute Gelegenheit, uns die Geschichte und Gegenwart jüdischen Lebens in unserer unmittelbaren Umgebung bewusst zu machen. Zeugnis der jahrhundertealten Geschichte in unserer Heimat liefern etwa die jüdischen Friedhöfe in Neuss, Dormagen, Grevenbroich und Rommerskirchen mit ihren erhaltenen Grabsteinen. Oder die Stolpersteine in unserer Region, die vor den Häusern ehemaliger jüdischer Bewohner verlegt sind und an deren Schicksal während des Nationalsozialismus erinnern. An vielen Stellen erinnern auch Gedenktafeln zum Beispiel an ehemalige Synagogen. Ganz besonders freut mich, dass in Neuss in diesem Jahr eine Synagoge neu eingeweiht wird und den Gläubigen zum ersten Mal seit 1938 wieder einen Mittelpunkt für das Gemeindeleben gibt.

Wir können also vielfältig erleben, was verloren wurde, was erhalten blieb und was neu entsteht. Viele Menschen in unserer Heimat bringen sich dabei mit großem Einsatz ein, vom Arbeitskreis „Judentum“ des Geschichtsvereins Grevenbroich bis zum beeindruckenden Einsatz vieler Schülerinnen und Schüler, die etwa die Städtepartnerschaft von Dormagen und der israelischen Stadt Kiryat Ono mit Leben füllen und seit 2013 einen regen Schüleraustausch pflegen.

Es grüßt Sie herzlich aus Berlin

Ihr

Hermann Gröhe

Stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion  

Die Kolumne finden Sie auch hier.